Pressemitteilungen
R: Schmid, Rainer Stickelberger, Saskia Esken, A. Erdin, Reinhard Gall, H. Barucha, G. Hufschmidt und M.Link (v.l.)
Zu dieser provokativ formulierten Fragestellung war Justizminister Rainer Stickelberger zu Gast im Nagolder Jugendzentrum YOUZ, um mit einem interessierten Fachpublikum, mit Reinhard Gall von der Polizeidirektion Calw, mit Hans Barucha als Vertreter der Jugend und mit Gerd Hufschmidt, dem Leiter des YOUZ über unseren Umgang mit Jugendkriminalität zu sprechen.
Kriminalhauptkommissar Reinhard Gall, zuständig für Kriminalitätsverhütung und Prävention, konnte aus der aktuellen Polizeistatistik berichten, dass die Zahl jugendlicher Straftäter weiter zurückgegangen ist. Er führt diese gute Entwicklung auf eine erfolgreiche Präventionsarbeit der unterschiedlichen Institutionen wie Schule, Jugendarbeit und Polizei zurück. Zwar gebe es auch im Kreis Calw jugendliche Intensivtäter, die aber in so geringer Zahl auftreten, dass man sich auch entsprechend intensiv mit ihnen beschäftigen könne.
Justizminister Stickelberger lobte die Häuser des Jugendrechts, die in größeren Städten eine gute und vor allem schnelle Kooperation aller Beteiligten beim Umgang mit straffälligen Jugendlichen ermöglichten. Auch ohne ein gemeinsames Gebäude wird bei uns im ländlichen Raum eine solche enge Kooperation gelebt, wie die anwesenden Vertreter von Amtsgerichten, Jugendgerichtshilfe und Polizei versicherten. Auf meine Nachfrage bestätigte Kriminalhauptkommissar Gall, dass auch nach der Polizeistrukturreform und dem damit verbundenen Verlust der Polizeidirektion die Kriminalprävention auf Kreisebene verbleibt.
Rainer Stickelberger machte außerdem deutlich, dass er nicht an die erzieherische Wirkung eines sogenannten "Warnschuss-Arrests" glaubt. Die Aufenthalte in den Einrichtungen des Jugendstrafvollzugs seien viel zu kurz, um positiv auf die Jugendlichen einwirken zu können. Er bestätigte meine Befürchtung, dass ein Warnschuss-Arrest aber durchaus lang genug sein könnte, um mit den wirklich harten Jungs in Kontakt zu kommen bzw. diese als Vorbilder aufzubauen. Es sei viel sinnvoller, dafür zu sorgen, dass eine sinnvolle Konsequenz wie beispielsweise ein Arbeitseinsatz mit guter sozialpädagogischer Begleitung direkt auf eine Straftat folgen kann, so dass die erzieherische Wirkung nicht verpufft.
Der langjährige Leiter des YOUZ, Gerd Hufschmidt ist sich sicher, dass die eigene Generation in ihrer Jugend aufmüpfiger und insofern problematischer gewesen ist als jungen Leute heutzutage. Heute spielen teils problematische familiäre Verhältnisse, soziale Benachteiligung und mangelnde Perspektiven für einen Teil der Jugendliche eine größere Rolle. Die Gesellschaft und ihre Institutionen wie Schule und kommunale Jugendarbeit müssten ihr Aufgabenspektrum erweitern, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden und ihnen Chancen und Teilhabe zu ermöglichen. Hier wurde aus dem Publikum die Auffassung geäußert, dass man damit gar nicht früh genug beginnen könne, so dass das Konzept der frühen Hilfen des Jugendamts zu begrüßen sei. Für die Kindertagesstätten wird befürchtet, dass die Schwierigkeiten, die die Kommunen mit Ausbau und Erfüllung des Rechtsanspruchs haben, zu Qualitätsverlusten führen könnten.
Hans Barucha, früher stellvertretender Vorsitzender des Jugendgemeinderats in Nagold, sieht in der Präventionsarbeit die Gesamtgesellschaft in der Pflicht. Vereine, Kirchen und kommunale Einrichtungen sowie das Elternhaus müssten zusammenwirken, um jungen Menschen Halt und Bestätigung zu geben.
Insgesamt eine runde Veranstaltung mit hochkarätiger Besetzung sowohl auf dem Podium als auch bei den Gästen, die vielleicht etwas mehr öffentliches Interesse verdient gehabt hätte.
Homepage Saskia Esken, MdB
Veröffentlicht am 28.06.2013